3. Für alle Steuerpflichtigen: Umsatzsteuerfreiheit für Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen

Durch Entscheidung vom 25.1.2022 hat das Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 15 K 3545/18 klargestellt, dass Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen umsatzsteuerfrei sind.

Im Urteilsfall war die Klägerin eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die eine Seniorenresidenz bestehend aus einem Pflegeheim und sieben Wohnungen des betreuten Wohnens betreibt. Die Wohnungen befinden sich im Gebäude des Pflegeheims. Mit den Bewohnern des betreuten Wohnens schloss die klagende GmbH entsprechende Betreuungsverträge ab, die diverse Leistungen einer erweiterten Grundversorgung und Wahlleistungen einschließlich eines Notrufsystems umfassten. Die Leistungen wurden durch das im Pflegeheim eingesetzte Personal erbracht. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass diese Umsätze teilweise steuerfrei seine, soweit die entsprechenden Leistungen eng mit der Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen zusammenhängen.

Das Finanzamt hingegen kam zu der Auffassung, dass diese Leistungen sämtlich der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind. Erst der 15. Senat des Finanzgerichts Münsters hat mit oben genannter Entscheidung der Klage der Seniorenresidenz stattgegeben. Kurz wiedergegeben lautet der Tenor der Entscheidung: Die gegenüber einzelnen Bewohnern erbrachten Umsätze des betreuten Wohnens sind im von der Klägerin beantragten Umfang steuerfrei. Konkret kommt die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nummer 16 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zum Tragen. Nach dieser Vorschrift sind die eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistung steuerfrei, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder bestimmten Einrichtungen erbracht werden.

Im Streitfall zählten die Bewohner des betreuten Wohnens zum Kreis der hilfsbedürftigen Personen, weil sie an altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen litten. Die von der Klägerin im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen sind zudem auch eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden.

Die Seniorenresidenz bietet den Bewohnern des betreuten Wohnens ein breites Angebot an Leistungen an, die zur ambulanten Pflege gehören und der Altenhilfe im Sinne des § 71 SGB XII zuzurechnen sind. In diesen Bereich gehören beispielsweise verschiedene Betreuungsleistungen im Rahmen der ambulanten Pflege, aber auch die Bereitstellung eines Notrufdienstes und bedarfsweise die kurzfristige Übernahme pflegerischer Leistungen, die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnungen und das Waschen der Kleidung.

Auch soweit die vorgenannten Leistungen der Befriedigung von Grundbedürfnissen dienten, seien diese ganz konkret auf die Behebung altersspezifischer Einschränkungen gerichtet, weil auch diese Leistungen durch das im Pflegeheim eingesetzte und hierfür geschulte Personal erbracht würden. So die Auffassung der erstinstanzlichen Richter.

Im Fazit heißt es daher: Da die Leistungen der Seniorenresidenz im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen bereits nach § 4 Nummer 16 Satz 1 UStG steuerfrei sind, muss der Senat des Finanzgerichtes Münster nicht mehr darüber entscheiden, ob die Vorschrift mit Unionsrecht vereinbar ist und die Leistungen der Klägerin aus dem betreuten Wohnen nach Art. 132 Absatz 1 Buchstabe g der Mehrwertsteuersystemrichtlinie umsatzsteuerfrei wären. Schon nach innerdeutschem Recht kommt eine Steuerbefreiung in Betracht, weshalb diese Leistungen als steuerfrei einzuordnen sind.