6. Für Unternehmer: Was alles Bewirtungskosten sein sollen

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Schon ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 4 Absatz 5 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) können Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen, den Gewinn nicht mindern. Mit anderen Worten: Grundsätzlich sind 30 % der Bewirtungskosten nicht abzugsfähig. Insoweit ist in der Praxis die Frage relevant, ob es sich bei der Darreichung von Speisen und Getränken an Kunden um eine Bewirtung handelt oder gegebenenfalls nur eine Aufmerksamkeit gegeben ist.

Dazu hat sich aktuell das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 29. 4. 2021 unter dem Aktenzeichen 10 K 2648/20 ausgelassen. Leider kommen die erstinstanzlichen Richter zu einem unschönen Ergebnis für Steuerpflichtige. Nach ihrer Auffassung ist eine Bewirtung jede unentgeltliche Überlassung von Speisen, Getränken oder sonstigen Genussmitteln zum sofortigen Verzehr. Diese Definition ist dabei der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entnommen. Hierbei soll es nicht darauf ankommen, ob die Begünstigung der bewirtenden Person im Vordergrund steht oder die Bewirtung (aus der Sicht des Bewirtenden) auch oder zumindest in erster Linie der Werbung oder der Repräsentation dient. Definitiv soll die Kürzung von 30 % nicht bereits deshalb ausscheiden, wenn die Verköstigung in einem anderen betrieblichen Vorgang eingebunden und diesem gegenüber untergeordnet ist, wie der Bundesfinanzhof zuletzt in seiner Entscheidung vom 26.4.2018 unter dem Aktenzeichen X R 24/17 herausgearbeitet hat.

Die Abzugsbeschränkung umfasst dabei alle Bewirtungen aus geschäftlichem Anlass. Dieser Begriff ist gesetzlich leider nicht definiert. Wie sich aus der systematischen Stellung der gesetzlichen Regelung und aus der unterschiedlichen Wortwahl ergibt, ist der Begriff nicht mit demjenigen der „Veranlassung durch den Betrieb“ identisch. Der Begriff umfasst die Bewirtung insbesondere von solchen Personen, zu denen Geschäftsbeziehungen bestehen oder angebahnt werden sollen. Er schließt nur die Bewirtung eigener Arbeitnehmer aus.

Aufgrund dieser Einordnung kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Köln zu dem Schluss, dass Speisen und Getränke, die zum sofortigen Verzehr unentgeltlich an Kunden einer Spielhalle überlassen werden, definitiv eine Bewirtung darstellen. Insoweit reicht es für die Annahme eine Bewirtung aus, dass den Kunden der Spielhalle entsprechende Speisen und Getränke überreicht wurden. Da es insoweit nicht darauf ankommt, ob die Begünstigung der bewirtenden Person im Vordergrund steht oder die Bewirtung aus Sicht des Bewirtenden auch bzw. in erster Linie der Werbung oder Repräsentation dient, hält es das Gericht für unerheblich, ob die von der Klägerin dargereichten Speisen und Getränke tatsächlich die Verweildauer der Gäste beeinflussen oder ob es darum geht, durch das Angebot an Speisen und Getränken eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen.

Ebenso stellt das Gericht klar, dass es sich bei den angebotenen Speisen und Getränken auch nicht um große Aufmerksamkeiten handelt, die die Finanzverwaltung aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift für die Bewirtungskosten herausgenommen hat. Danach ist die Gewährung von Aufmerksamkeiten in geringem Umfang keine Bewirtung. Bei solchen Aufmerksamkeiten handelt es sich etwa um die Darreichung von Kaffee, Tee, Gebäck anlässlich beispielsweise betrieblicher Besprechungen, wenn es sich hierbei um eine übliche Geste der Höflichkeit handelt, unabhängig von der Höhe der Aufwendungen.

Auch bei einer solchen Gewährung von Aufmerksamkeiten handelt es sich um eine unentgeltliche Überlassung von Speisen, Getränken oder sonstigen Genussmitteln zum sofortigen Verzehr, die insoweit grundsätzlich den Begriff der Bewirtungskosten erfüllen. Definitiv können Bewirtungskosten jedoch nur dann als Aufmerksamkeiten klassifiziert werden, wenn den Speisen und Getränken objektiv kein eigenständiges Gewicht neben der Veranstaltung, in der sie ausgegeben werden, zukommt. So ist es beispielsweise bei betrieblichen Besprechungen der Fall, bei denen mit den angebotenen Speisen und Getränken kein eigener Zweck (außer dem Gebot der Höflichkeit zu entsprechen) verfolgt wird.

Genau hier sieht das Gericht eine Abgrenzung im vorliegenden Fall. Diese Voraussetzung soll nämlich im Streitfall nicht gegeben sein, da dem Angebot der Klägerin bereits nach ihrem eigenen Vortrag ein eigenständiges Gewicht zukommt. Nach den Ausführungen der Klägerin dienen die Speisen und Getränke dazu, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Sie will mit dem Angebot erreichen – so ihr Vortrag im Klageverfahren –, dem Spielgast den Aufenthalt in der Spielhalle so angenehm wie möglich zu machen mit dem Ziel, dass sich die Kunden möglichst lange – umsatzsteigernd – in den Spielhallen aufhalten. Durch diese Intention unterscheidet sich das Angebot der Klägerin grundlegend von einem vergleichbaren Angebot anlässlich einer betrieblichen Besprechung, das – selbst wenn es einen vergleichbaren Umfang hat – nicht dazu gedacht ist, die Besprechung in die Länge zu ziehen, um dadurch eine Umsatzsteigerung zu bewirken.

Dementsprechend kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Köln vorliegend zu dem Schluss, dass die Aufwendungen für die kostenlosen Getränke und Snacks in der Spielhalle nur zu 70 % den Gewinn mindern können.

Jenseits des hier entschiedenen Einzelfalls hat das Urteil in der Praxis jedoch noch eine ganz andere, definitiv größere, Dimension und kann noch ganz andere (für den Steuerpflichtigen nachteilige) Folgen nach sich ziehen. Entsprechend der gesetzlichen Regelung hat der Steuerpflichtige nämlich zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen Angaben zum Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen zu machen. Fehlen diese formellen Voraussetzungen (bei Bewirtung in einer Gaststätte häufig der Bewirtungsbeleg), können die Bewirtungsaufwendungen überhaupt nicht steuermindernd berücksichtigt werden.

Ob im vorliegenden Streitfall die übrigen Voraussetzungen des Bewirtungskostenabzugs in Form der notwendigen Belege und Aufzeichnungen vorliegen, konnte dem erstinstanzlichen Finanzgericht Köln insoweit egal sein, als das Finanzamt die Aufwendungen nur zu 30 % außerbilanziell hinzugerechnet hat und eine Verböserung im Hinblick auf fehlende Aufzeichnungen dem Gericht nicht möglich gewesen ist. Schon der Hinweis auf eine solche Verböserung zeigt jedoch, dass das Gericht grundsätzlich der Meinung ist, dass die Aufwendungen komplett nicht mehr als Betriebsausgaben abgezogen werden können, wenn die entsprechenden formalen Voraussetzungen in Form der notwendigen Belege und Aufzeichnungen nicht gegeben sind. Erfreulicherweise war dies, wie gesagt, im vorliegenden Streitfall kein Problem, in anderen Sachverhalten wird dies jedoch mit Sicherheit so sein.

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Das erstinstanzliche Finanzgericht Köln hat die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen. Dennoch ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig geworden, da die streitende Klägerin die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt hat. Diese wird dort unter dem Aktenzeichen IX R 54/21 geführt.

Betroffene, bei denen das sprichwörtliche Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, sollten sich daher an das Musterverfahren anhängen. Sofern der Bundesfinanzhof entscheiden würde, dass auch bei den hier gegenständlichen Aufwendungen (oder ähnlichen Aufwendungen) noch Aufmerksamkeiten gegeben wären, wäre die steuerliche Kuh damit vom Eis.

Steuerpflichtige, die lediglich das gleiche Problem haben, den Sachverhalt jedoch noch nicht realisiert haben, sollten hingegen tunlichst dafür sorgen, dass die entsprechenden formellen Voraussetzungen in Form von Belegen und Aufzeichnungen (kurz: ein Bewirtungsbeleg) vorliegen, damit die Bewirtungsaufwendungen wenigstens zu 70 % steuermindernd eingesetzt werden können.