7. Für Unternehmer: Verwendung einer Excel-Tabelle führt nicht zwingend zu einem Mangel der Kassenführung! Auch geringfügige Mängel berechtigen nicht zur Hinzuschätzung!
Mit erstinstanzlicher Entscheidung vom 29.4.2021 hat das Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 1 K 2214/17 E, G, U, F entschieden, dass die Erfassung von Bareinnahmen in einer Excel-Tabelle bei Verwendung einer elektronischen Registrierkasse keinen Kassenführungsmangel darstellt, wenn ansonsten alle Belege in geordneter Form vorliegen.
Da dies in der Praxis mit der Finanzverwaltung ein regelmäßiger Streit ist, wird im Folgenden der hier zugrunde liegende Sachverhalt kurz dargestellt: Die Klägerin betrieb in den Streitjahren einen Irish Pub mit Getränke- und Speisenangebot. Der Gewinn wurde dabei durch Bilanzierung ermittelt. Für die Erfassung der Bareinnahmen in der Gaststätte wurde eine elektronische Registrierkasse verwendet. Die in den vollständig vorliegenden Z-Bons ausgewiesenen Einnahmen übertrug die Klägerin unter Ergänzung von Ausgaben und Bankeinzahlungen in eine Excel-Tabelle, mit der sie täglich den Soll- mit dem Ist-Bestand der Kasse abglich. Darüber hinausgehende Kassenberichte erstellte die Klägerin nicht.
Außerhalb des regulären Betriebs nahm die Klägerin auch an Sonderveranstaltungen teil, bei denen sie Erlöse aus dem Verkauf über Außentheken erzielte. Hierfür nutzte sie teilweise geliehene elektronische Registrierkassen, deren Einnahmen die Klägerin der gleichen Form erfasste wie die Erlöse in der Gaststätte selbst. Teilweise erfasste sie Bareinnahmen aber auch in offenen Ladenkassen, für die sie keine Kassenberichte führte. Auch die Einnahmen der Sonderveranstaltungen trug die Klägerin im Anschluss in die Excel-Tabelle ein.
Es kam schließlich wie es kommen musste: Im Rahmen einer Betriebsprüfung beanstandete das Finanzamt insbesondere die Verwendung der Excel-Tabelle im Rahmen der Kassenführung. Die Begründung: Wegen der jederzeitigen Änderbarkeit erfülle die Verwendung eines solchen Computerprogramms nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung. Auf Grundlage einer überschlägigen Getränkekalkulation nahm der Fiskus daher zu den erklärten Umsätzen von jährlich 300.000 Euro Sicherheitszuschläge zum Umsatz und Gewinn zwischen 15.000 Euro und 29.000 Euro pro Jahr vor.
Hiergegen argumentierte die klagende Steuerpflichtige, dass ihre Buchführung sehr wohl ordnungsgemäß sei, da sämtliche Ursprungsaufzeichnungen unabänderlich vorhanden sein. So beispielsweise die Z-Bons, die Belege über EC-Kartenzahlungen und Ausgaben.
Erfreulicherweise hat der 1. Senat des Finanzgerichtes Münster der Klage überwiegend stattgegeben. Tatsächlich ist die Buchführung nämlich nur insoweit formell ordnungswidrig, als im Rahmen der Sonderveranstaltungen offene Ladenkassen ohne Führung täglicher Kassenberichte eingesetzt wurden und Gutscheine nicht ordnungsgemäß verbucht wurden.
Ein täglicher Kassenbericht, der auf der Grundlage eines Auszählens der Bareinnahmen erstellt wird, sei nur im Rahmen einer offenen Ladenkasse erforderlich. Soweit die Klägerin ihre Bareinnahmen in einer elektronischen Registrierkasse erfasst habe, sind die Kassenaufzeichnungen dagegen sehr wohl ordnungsgemäß. Hierfür genüge eine geordnete Ablage der Belege.
Der tägliche Abgleich von Soll- und Ist-Bestand durch Nutzung einer Excel-Tabelle ist hingegen nach der erfreulichen Auffassung der Münsteraner Richter unschädlich, da ein derartiger Kassensturz nach den gesetzlichen Vorgaben überhaupt nicht erforderlich ist.
Zudem weisen die Richter auf ein nicht unerhebliches Detail für die Praxis hin: Da die einzelnen Mängel für jede verwendete Kasse gesondert zu beurteilen sind, wirkt sich die mangelhafte Führung der offenen Ladenkassen nicht auf die Verwendung der elektronischen Registrierkassen aus.
Angesichts der nicht ordnungsgemäßen Kassenführung hinsichtlich der offenen Ladenkassen bei den Sonderveranstaltungen hat der erkennende Senat des Finanzgerichts Münsters insoweit noch einen Sicherheitszuschlag von 2.000 Euro pro Streitjahr als plausibel und wirtschaftlich realistisch erachtet. Die überschlägigen Getränkekalkulationen des Finanzamts können hingegen nicht herangezogen werden, da es wegen der fehlenden Trennung der Getränkeeinkäufe nicht möglich sei, die Sonderveranstaltungen isoliert zu kalkulieren.