9. Für Unternehmer: Was gilt bei der Betriebsaufspaltung mit minderjährigen Kindern?

Im Urteilssachverhalt, der der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 14.4.2021 zugrunde lag, ging es unter dem Aktenzeichen X R 5/19 um einen Fall der Betriebsaufspaltung, in dem an der Betriebsgesellschaft auch ein minderjähriges Kind beteiligt war.

Der Sachverhalt skizzierte sich im Wesentlichen wie folgt: Die klagende Steuerpflichtige beherrschte das Besitzunternehmen. Tatsächlich beherrschte sie allerdings das Betriebsunternehmen in Form einer GmbH nicht, da sie lediglich zu 50% an der GmbH beteiligt war. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass sie zur Geschäftsführerin der GmbH bestellt war. Die Anteile ihres minderjährigen Kindes konnten nämlich der Klägerin aufgrund mangelnder gleich gelagerter Interessen nicht zugerechnet werden. So die Zusammenfassung der Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

Dezidiert argumentierten die obersten Finanzrichter wie folgt: Eine Betriebsaufspaltung setzt immer voraus, dass einer Betriebsgesellschaft wesentliche Grundlagen für ihren Betrieb von einem Besitzunternehmen überlassen werden und die hinter dem Betriebs- und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Ein solcher einheitlicher geschäftlicher Betätigungswillen ist anzunehmen, wenn die Person oder auch eine Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchsetzen kann. So die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, welche zurückzuführen ist auf eine Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 8.11.1971 unter dem Aktenzeichen GrS 2/71.

Ob die damit umschriebenen Voraussetzungen einer sachlichen und personellen Verflechtung vorliegen, ist nach den Verhältnissen des einzelnen Falles zu entscheiden. Ist aufgrund besonderer sachlicher und personeller Gegebenheiten eine so enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen und der Betriebsgesellschaft zu bejahen, dass das Besitzunternehmen durch die Vermietung- oder Verpachtungstätigkeit über die Betriebsgesellschaft am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, so ist das Besitzunternehmen nach den ständigen zur Betriebsaufspaltung ergangenen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs gewerblich tätig. Beispielhaft ergibt sich diese Einordnung aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 16.5.2013 unter dem Aktenzeichen IV R 54/11.

Eine sachliche Verflechtung setzt voraus, dass das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen zumindest eine für das Betriebsunternehmen wesentliche Betriebsgrundlage überlässt. Da das überlassene Vermögen regelmäßig auch für das Besitzunternehmen eine besondere wirtschaftliche Bedeutung hat, wird (gerade) durch diese sachliche Verflechtung gewährleistet, dass die Einflussnahme auf beide Unternehmen und ihre Geschäftspolitik koordiniert wird. Denn erst durch die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an das Betriebsunternehmen fungiert diese als unternehmerisches Instrument der Beherrschung.

Für die personelle Verflechtung ist erforderlich, dass der Gesellschafter nach den gesellschaftsrechtlichen Stimmverhältnissen in der Lage ist, seinen Willen in beiden Unternehmen durchzusetzen, wie bereits der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 26.11.1992 unter dem Aktenzeichen IV R 15/91 herausgearbeitet hat. Diese Voraussetzung war ausweislich des oben bereits geschilderten Sachverhalts nicht erfüllt. Zwar war die klagende Steuerpflichtige Alleineigentümerin des überlassenen Grundstücks, allerdings war sie nicht in der Lage, auch in der GmbH ihren Willen so durchzusetzen, dass eine personelle Verflechtung gegeben ist.

Damit ein Gesellschafter eine GmbH beherrscht, ist es gesellschaftsrechtlich notwendig, dass er über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt, die der Gesellschaftsvertrag für Gesellschafterbeschlüsse vorschreibt. Dies gilt selbst dann, wenn der Gesellschafter ansonsten die laufende Geschäftsführung innehat, also die sogenannten Geschäfte des täglichen Lebens bestimmt. Im Ergebnis reichen dementsprechend exakt 50% der Stimmen noch nicht aus.

Im Hinblick auf die personelle Verflechtung ist es entscheidend, ob die hinter dem Besitzunternehmen und der Betriebsgesellschaft stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Denn dann unterscheidet sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines normalen Vermieters. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist nach den Verhältnissen des einzelnen Falles zu entscheiden, wobei hieran nach Auffassung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs strenge Anforderungen zu stellen sind.

Das Besitzunternehmen kann auch das Einzelunternehmen einer natürlichen Person sein, die an der Betriebsgesellschaft beteiligt ist. Auch in diesem Fall muss jedoch einwandfrei sichergestellt sein, dass dieser Gesellschafter in der Betriebsgesellschaft seinen Willen durchsetzen kann. Dazu bedarf es im Fall einer GmbH der Mehrheit der Anteile. Etwas anderes gilt nur dann, wenn für Beschlüsse der Gesellschafter eine qualifizierte Mehrheit vorgesehen ist. Dies war jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Anzahl der Stimmen richtete sich nach dem Umfang der Anteile. An dieser Voraussetzung hat der zehnte Senat auch in seinen Urteilen vom 30.11.2005 unter dem Aktenzeichen X R 56/04 und vom 2.9.2008 unter dem Aktenzeichen X R 32/05 ausdrücklich festgehalten. Folglich reicht eine Pattsituation, bei der ein Gesellschafter nur exakt 50% der Stimmen der Betriebsgesellschaft hält, grundsätzlich nicht aus.

Fraglich und für die allgemeine Praxis von besonderem Interesse war vorliegend jedoch die Tatsache, dass weitere Anteile an der GmbH durch ein minderjähriges Kind der klagenden Steuerpflichtigen gehalten wurden. Doch auch hier gilt: Eine über den Stimmenanteil von 50% hinausgehende Zurechnung der Stimmen des minderjährigen Kindes an die Klägerin für ertragssteuerrechtliche Zwecke kann mangels gleichgelagerter wirtschaftlicher Interessen nicht vorgenommen werden.

Die im Rahmen der Betriebsaufspaltung notwendige Beherrschung kann im Fall der Beteiligung mehrerer Personen an einem Unternehmen auch dadurch erfüllt werden, dass die an beiden Unternehmen beteiligten Personen zwar in unterschiedlicher Höhe beteiligt sind, zusammen in beiden Unternehmen aber über die Mehrheit der Stimmen verfügen. Wie im Fall der für eine Besitz-Gesellschaft entwickelten Personengruppentheorie wird bei einer Betriebsaufspaltung, bei der auf Seiten des Besitzunternehmens nur eine Person, auf Seiten des Betriebsunternehmens aber mehrere Personen beteiligt sind, das Handeln der Gesellschafter des Betriebsunternehmens durch gleichgerichtete Interessen bestimmt.

Solche gleichgerichteten Interessen lagen im Streitfall jedoch nicht im Hinblick auf die Interessen der Klägerin und ihres minderjährigen Sohns vor und konnten auch nicht zur Beherrschung der GmbH führen.

Aufgrund der Bestellung eines Ergänzungspflegers können die Anteile des minderjährigen Sohns der klagenden Steuerpflichtigen nicht zugerechnet werden. Der Ergänzungspfleger vertritt die Interessen des minderjährigen Sohns in der Betriebskapitalgesellschaft unabhängig von den Interessen der Klägerin, sodass die Vermutung gleichgelagerter wirtschaftlicher Interessen von Mutter und minderjährigem Sohn nicht zum Tragen kommt.

Gemäß § 1626 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) umfasst die elterliche Sorge – hier der Klägerin – zwar auch das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). Ist jedoch ein Ergänzungspfleger bestellt, erstreckt sich die elterliche Sorge gemäß § 1630 Abs. 1 BGB nicht auf Angelegenheiten des Kindes, für die ein Ergänzungspfleger bestellt ist. Dies betrifft gerade das Verhältnis der Eltern zum Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB.

Aufgrund der Bestellung des Ergänzungspflegers im Beschluss vom 07.06.2010 sind ausdrücklich und vollumfänglich die Gesellschafterrechte und damit insbesondere auch die Stimmrechte des minderjährigen Gesellschafters im Verhältnis zur GmbH nicht mehr Teil der Vermögenssorge der Klägerin.

Zusammengefasst kann die Entscheidung des Bundesfinanzhofs daher wie folgt dargelegt werden:

Die personelle Verflechtung verlangt (abgesehen vom hier nicht relevanten Sonderfall der faktischen Beherrschung), dass der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter auch in der Betriebskapitalgesellschaft die Stimmenmehrheit innehat und dort in der Lage ist, seinen Willen durchzusetzen; eine Beteiligung von exakt 50% der Stimmen reicht nicht aus.

Sind sowohl ein Elternteil als auch dessen minderjähriges Kind an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt, sind die Stimmen des Kindes jedenfalls dann nicht dem Elternteil zuzurechnen, wenn in Bezug auf die Gesellschafterstellung des Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet ist.